Bild von Digitalem Visionär: Ryan Mullins

Interview Ryan Mullins:
Über das Verschwinden des Digitalen

Ryan Mullins ist Serial Entrepreneur, digitaler Vordenker und Visionär. Die letzten zwei Jahre hat der US-Amerikaner als Director of Future Trends bei Adidas digitale Zukunftstrends beobachtet und die Sportmarke hinsichtlich ihrer digitalen Strategie beraten. Alles, was Ryan tut, dreht sich um das, was er das Prometheus-Prinzip nennt: Werkzeuge und Technologien demokratisieren, um zu sehen, was Menschen erschaffen. Jetzt gründet er in den USA ein neues Unternehmen, das digitale Streetwear-Startup Aglet. Auf dem Ispo Digitize Summit sprach ich mit Ryan über das Verschwinden des Digitalen und die Rolle von Technologien. Und er verrät seine Learnings, die er Marken und Händlern mit auf dem Weg gibt.

Ryan, wie siehst du die Zukunft des Handels? Welche Rolle werden Brands spielen, welche Händler?

Ich sehe den Handel im Kontext einer wesentlichen Entwicklung: Das Verschwinden des Digitalen. Der stationäre Handel hat einen Fehler gemacht, als er iPads, Screens, magische Spiegel etc. in die Läden gestellt hat in der Hoffnung, der Kunde würde das wollen. Tatsächlich schaffen diese Geräte aber Hindernisse für das Markenerlebnis und die Kommunikation zwischen Kunde und Verkäufer. Ich bin davon überzeugt, dass wir in Zukunft immer weniger kommerzielle Transaktionen im Laden durchführen, das klassische Kaufen wird mehrheitlich online erfolgen. Dafür wird der stationäre Laden für den direkten Kontakt mit der Marke immer wichtiger. Hier findet das Testen von Produkten statt. Es wird mehr Direct-to-Consumer Handel geben und vor allem mehr Consumer-to-Consumer Handel.

 

"Was ich mit Verschwinden des Digitalen meine: Das Digitale wird für uns so selbstverständlich und omnipräsent werden wie es für uns heute die Elektrizität ist."

 

Was genau meinst du mit Consumer-to-Consumer?

Consumer-to-Consumer ist die Weiterentwicklung von eBay oder StockX, also Plattformen, wo Konsumenten an Konsumenten verkaufen. Wenn Produkte wie beispielsweise Sneaker mit den entsprechenden Chips ausgestattet sind, wird derjenige, der die Schuhe trägt, zum Verkäufer, einfach indem die Schuhe gescannt werden. Technologie wird jedem ermöglichen, zum Verkäufer zu werden. Nicht alle kommerziellen Transaktionen werden so ablaufen, aber wir werden hier eine signifikante Steigerung sehen.

Welche Rolle werden dann die Marken haben?

Marken stehen nicht für Produkte, sondern sie bieten den Kunden einen Raum an, wo Kunden Erfahrungen machen können, wo sie ihren Visionen nachgehen können, wo sie ihr Leben ändern können. Sport ist schon immer mit Orten assoziiert, wie z.B. Fußballplätzen, Fitnessstudios etc. In Zukunft wird es für Marken darauf ankommen, diese Orte mit der Marke zu verknüpfen oder selbst zu so einem Ort zu werden. Apple ist dafür ein gutes Beispiel: Wenn man in einen Apple Store geht, kann man dort natürlich auch Dinge kaufen, aber vor allem geht es darum, dort Produkte zu testen. Der Laden funktioniert wie ein Ort, an dem Kunden neue Erfahrungen machen.

Du sprichst über das “Verschwinden des Digitalen”. Was genau wird verschwinden?

Wie oft haben Sie heute schon über die Technologie nachgedacht, die es Ihnen erlaubt, bestimmte Dinge zu tun? Wahrscheinlich so gut wie gar nicht. Das ist eine evolutionäre Entwicklung: Dinge sind nur dann im Fokus der Aufmerksamkeit, solange sie neu sind. Das gilt für die neue Uhr, die neuen Sneaker genauso wie für Technologie. Jede große Technologie wird verschwinden, nicht in dem Sinne, dass es sie nicht mehr gibt, sondern sie wird einfach zu einem Teil unseres Lebens, ohne viel Aufmerksamkeit zu absorbieren. Das Digitale wird für uns so selbstverständlich und omnipräsent werden wie es für uns heute die Elektrizität ist.

 

"Es wird in Zukunft mehr Direct-to-Consumer Handel geben und vor allem mehr Consumer-to-Consumer Handel."

 

Welche Konsequenz hat diese Entwicklung für Marken und Händler?

Die Frage, die sich daraus ergibt, wird sein, wie man als Marke für diese Konsumenten Erlebnisse entwickeln kann? Die Antwort darauf kann nicht lauten, dass wir die Technologie in den Vordergrund stellen und auf VR-Brillen, noch mehr Screens, Magic Mirrors etc. bauen. Man braucht kein Hologramm im Store oder tanzende Außerirdische, um den Konsumenten zu bedienen. Wir müssen nach Anwendungen suchen, die für ihn Sinn machen. Das muss meiner Meinung nach überhaupt nichts super ausgefallenes sein. Die aktuellen Top-Brands für Kids, wie z.B. Supreme oder Balenciaga, sind nicht wegen ihrer Technik angesagt, ihre Attraktivität hat nichts mit Technologie zu tun. Die Magie entsteht allein im Auge des Konsumenten.

Wie kann man diese Magie herstellen- ohne technischen Schnickschnack?

Beispielsweise durch Strategien der Verknappung. Mit den digitalen Plattformen wurde alles überall und jederzeit verfügbar. Deshalb haben erfolgreiche Brands damit begonnen, ihre Produkte zu limitieren. Was ist ein Selfie? Das Festhalten eines ganz bestimmten, nicht wiederholbaren Moments. Diese Momente zu haben und mit anderen zu teilen verleiht heute Status. Genauso ist das mit Produkten. Sneaker sind ein Paradebeispiel für dieses Prinzip. Der Resell-Markt für Sneaker ist dreimal größer als der eigentliche Sneaker Markt! Es gibt Leute, die verkaufen ihre Sneaker schon weiter, bevor sie sie überhaupt bekommen haben. Die Marke spielt hier gar keine Rolle mehr, der Prozess verläuft allein zwischen Konsumenten.

Welche Bedeutung wird in diesem Zusammenhang Customizing  zukommen?

Customizing ist ein großartiges Tool um Läden zu einem besonderen Ort für die Konsumenten zu machen. Die Magie des Ladens entwickelt sich allein daraus, was der Kunde dort machen kann! Die eigene Kreativität und Vorstellungskraft wird zu einem Teil des Geschäfts. Und natürlich ist auch Customization mit dem Konzept der Limitierung verbunden. Viele Konsumenten nutzen diese Möglichkeit schon, aber es wird Zeit, dass diese Idee mithilfe von Machine Learning eine höhere Stufe erreicht. Zwei Probleme sind heute mit Customization verbunden: Selbst designen kostet Mühe und Zeit, und die wollen viele Leute nicht investieren. Ganz nach dem Bestseller „Don’t make me think“: Sobald der Konsument denken muss, geht er. Das zweite Problem: Viele Leute glauben nicht daran, dass sie selbst ein guter Designer sein können. Sobald wir aber soweit sind, über Algorithmen genau die Produkte entwickeln zu können, die dem Konsumenten gefallen, wird Customization zu einer komplett neuen Erfahrung.

 

"Innovationen entstehen durch ungewöhnliche Kombinationen."

 

Welche Rolle wird Geschwindigkeit spielen?

Die Geschwindigkeit, in der künftig Produkte auf den Markt gebracht werden können, spielt eine wesentliche Rolle – es ist kein Zufall, dass gerade die Fast Fashion in den letzten Jahren so stark gewachsen ist. Wir müssen schneller werden! Die ersten Produktbilder erreichen heute schon so früh die Konsumenten, dass sie schon gelangweilt sind, wenn das Produkt erhältlich ist. Die Supply Chain hierfür zu optimieren ist ein Teil des Puzzles. Auch neue Technologien werden hier eine zunehmend wichtige Rolle einnehmen. Nehmen wir Blockchains oder Kryptowährungen – viele Menschen denken, das sei nur ein Trend. Aber das ist ein Fehler. Blockchains werden Teil der Supply Chain werden, weil sie Transparenz ermöglichen und Nachhaltigkeit nachvollziehbar machen. Noch sind wir nicht soweit, aber viele Leute arbeiten daran.

Wie weit verändert die Digitalisierung den Sport? Wo siehst du weitere Erlösquellen?

Ich möchte es ein wenig umschreiben: Mich hat mal jemand gefragt, wie können die Marken heute wieder dahin zurückkehren, echte Sport Brands zu sein? Zu viele Menschen trügen Sportprodukte ohne wirklich Sport zu treiben, und das schade dem Image. Meiner Meinung nach ist das aber die falsche Frage. Wenn man zurück will, ist das der falsche Weg. Die richtige Frage lautet: Wie bringt man den Sport voran? Neue Möglichkeiten für Erlösquellen ergeben sich zum Beispiel durch den e-Sports Boom, auch wenn die heutige Diskussion vorherrscht, dass Video Games schlecht sind und kein Sport. Aber daraus lassen sich neue Umsätze entwickeln. Das Spiel Fortnite hat 2018 drei Milliarden US-Dollar Umsatz gemacht, ein großer Teil davon durch virtuelle Produkte. Innovationen entstehen auch durch ungewöhnliche Kombinationen, beispielsweise die neue Pharell Williams Kollaboration mit Adidas Originals, wo Tennis und Basketball zusammen kommen. Jede Art von Sport wird heute ‚vermodet‘, bis hin zu den Sportlern selbst, bei denen nicht nur die Leistung interessiert, sondern oft noch mehr, was sie auf dem Weg ins Stadium anhaben. Auch wenn manches lächerlich erscheinen mag, man muss das System Sport als Ökosystem verstehen lernen und daraus Produkte entwickeln.

 

"Blockchains werden Teil der Supply Chain werden, weil sie Transparenz ermöglichen und Nachhaltigkeit nachvollziehbar machen."

 

Die Digitalisierung ist eine große Herausforderung für den Handel. Welche Tipps würdest du Händlern geben?

Ich würde folgenden Rat geben: Findet Wege, wie ihr eure Kunden stärken und befähigen könnt. Versucht sie besser zu verstehen, und ihr werdet feststellen: Was eure Kunden brauchen ist nicht das, was ihr erwartet hättet. Bleibt innovativ und wagt kontinuierlich Neues, um gegen das Überangebot zu bestehen - die Kunden sind super schnell gelangweilt. Hebt euch ab von eurer Konkurrenz und seid kreativ. Man muss, wie ich anfangs schon gesagt habe, eine gewisse Spannung erzeugen.

Du verlässt adidas und gründest gerade ein Start-up in den USA. Verrätst du uns, worum es dabei geht?

Mein neues Start-up heißt ‚Aglet‘, wie das Ende der Schnürsenkel bei einem Sneaker. Es ist eine digitale Sneaker Plattform, auf der man Sneaker designen, kaufen und verkaufen kann. Das Interesse an Sneaker Design ist riesig – man kann Sneaker Designer auf Instagram folgen, und immer mehr  Menschen wollen selbst designen. Bisher gab es aber keine Möglichkeit, selbst zum Designer zu werden und eigene Sneaker, Hoodies etc. zu entwerfen. Auf Aglet können User selbst kreativ werden, über Designs abstimmen und digitale Sneaker kaufen, beispielsweise für Games. Auch dort zählt Status. Aglet ist also ein Tool um Schuhe zu designen und ein Kanal zum Kaufen und Verkaufen. Aglet heißt auch die Währung. Es ist auf Blockchains aufgebaut. Es bietet außerdem die Möglichkeit, mit Brands zu interagieren. Brands könnten ihre Komponenten digitalisieren und zum Kauf anbieten, aus denen die Kids ganz eigene Designs erstellen. Ich bin sicher, dabei kämen völlig neue Produkte heraus und neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Kunde und Brand. Ich denke, so wird in Zukunft Design stattfinden: man designt digital, misst digital den Erfolg und produziert erst dann.

Soll es auch echte Produkte geben?

Am Ende ja. Wenn es mehr Speed Factories gibt und diese schnell und mit unterschiedlichen Materialien produzieren können. Aber noch ist es nicht so weit.

Viel Erfolg, Ryan, danke für das Gespräch!

 

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Sportscheck-CDO Jan Kegelberg über Tops und Flops der Digitalen Transformation des Sporthändlers


AnAnLondree@the wearness

Fashion und Nachhaltigkeit:
"Gewinnmaximierung ist ein Auslaufmodell“

Am 4. Juni werde ich die „Female in Retail“ Masterclass zu den Themen unternehmerische Wertschöpfung und Nachhaltigkeit auf der K5 Future Retail Konferenz in Berlin hosten. Zu Gast habe ich drei Frauen aus der Fashion Branche, die für nachhaltiges unternehmerisches Handeln stehen. Im Vorfeld habe ich mich bereits mit Julia Zirpel, Gründerin des Online-Marktplatzes für ethische Luxusmode thewearness, getroffen. Sie erklärt im Interview, warum Mode uns heute nichts mehr bedeutet  und zu Wegwerfware geworden ist. Und wie sie die bisherige Wahrnehmung von ethisch einwandfreiem Luxus mit einem digitalen Marktplatz ändern möchte.

Julia Zirpel hat 2018 zusammen mit Guya Merkle, Jennifer Dixon und Karolin Delou den Marktplatz für ethische Luxusmode "the wearness" gegründet.

Liebe Julia, Luxusmode und digitaler Marktplatz, schließt sich das eigentlich nicht aus?

Egal, ob ich ein Produkt oder ein Thema habe, das ich verbreiten möchte, man benötigt dazu eine digitale Plattform. Man erreicht die Leute heutzutage vornehmlich digital – unabhängig davon, wo sie dann am Ende einkaufen. Außerdem wird Luxusmode sehr viel online geshoppt. Wichtig ist hierbei eine hochwertige Optik. The wearness ist ein kuratierter Marketplace und sieht mehr wie ein hochwertiger Online-Shop aus.

Was hat dich bewegt, ein Marktplatz für ethische Luxusmode zu gründen?

Die Bekleidungsindustrie steht im Umweltsünder-Ranking auf Platz zwei, gleich hinter der Öl-Industrie. Kollektionen wechseln so häufig wie nie zuvor und der globale Textilverbrauch hat sich seit dem Jahr 2000 verdoppelt. Mit unserem Marktplatz wollen wir das Bewusstsein für Mode verändern und auch den Look und das Image, dass nachhaltige Mode bisher hat.

 

"Ich bin davon überzeugt, dass Geschäftsmodelle,
die sich ausschließlich an Gewinnmaximierung orientieren, ein Auslaufmodell sind."

 

Erkläre doch bitte kurz das Konzept von thewearness.

Wir kuratieren Designer, Hersteller und Produkte, die sich dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben haben. Wir erzählen deren Geschichten und inszenieren sie auf unserer Plattform. Und dann kann man die Produkte auch bei uns bestellen. Unser Konzept ist nicht nach Gewinnmaximierung, sondern nach ethischen Kriterien wie Qualität, Ökologie und faire Arbeitsprozesse ausgerichtet. Ich bin davon überzeugt, dass Geschäftsmodelle, sie sich ausschließlich an Gewinnmaximierung orientieren, ein Auslaufmodell sind. Man muss sich dafür nur die Unternehmen in Deutschland ansehen, die am Straucheln sind.

Was macht aus deiner Sicht Nachhaltigkeit in der Mode aus?

Mode muss aus meiner Sicht verantwortungsbewusst produziert sein. Dafür muss sich aber auch die Einstellung der Verbraucher ändern. Wenn ich mehr Wertschätzung vor der Mode und den Kleidungsstücken habe, dann kaufe ich ganz anders ein und werfe beispielsweise die Sachen nach dreimal Tragen nicht weg.

Wie kannst du dich in der Nische gegen Marktplatzgiganten wie Zalando oder About You behaupten?

Wir konkurrieren nicht gegen einen Marktlatz wie Zalando. Zalando verkörpert ja genau den schnelllebigen Konsum bei Mode, dem wir uns abwenden wollen. Wir sprechen Kunden an, die verantwortungsbewusst mit Mode umgehen. Die ihre Kleidungsstücke bewusst wählen, eine Beziehung dazu haben und sie wertschätzen. Mode, die ihnen selbst ein gutes Gefühl gibt.

Nach welchen Kriterien wählt ihr die Marken und Hersteller aus, die auf eure Plattform kommen?

Also zunächst achten wir sehr stark auf den Stil und das Design, das muss einfach zu uns passen. Dann schauen wir, wie ökologisch und nachhaltig die Hersteller in den Produktions- und Arbeitsprozessen aufgestellt sind. Aus meiner langjährigen Tätigkeit als Moderedakteure kenne ich die Branche ganz gut und weiß, welche Labels ich auf unserem Marktplatz haben möchte. Aber es kommen ja auch immer wieder neuen Brands auf den Markt und da prüfen wir anhand eines ausführlichen Fragebogens sehr genau, wie nachhaltig die Labels agieren. Der Hersteller verpflichtet sich vertraglich zu korrekten Angaben.

Kuratieren und Inszenieren von nachhaltiger Mode: Label hellmuth @ thewearness

Wieviele Hersteller sind bei euch auf dem Marktplatz zu finden?

Bei Start des Marktplatzes vor einem Jahr hatten wir 15 Hersteller an Bord, heute sind es schon über 70.

Welches Geschäftsmodell steckt dahinter?

Wir wollen die Einstiegsbarrieren an unserem Marktplatzmodell sehr geringhalten, von daher verlangen wir kein Set-Up Fee. Wir bekommen eine anteilige Provision an den Verkäufen von den Herstellern.

Welche Sortimente kuratiert ihr?

Wir konzentrieren Mode, Accessoires und Beauty für Männer und Frauen. Im Moment wollen wir verstärkt den Bereich Beauty ausbauen.

 

"Ich wünsche mir, dass Start-Up-Projekte, die soziale und
gesellschaftliche Aspekte vorantreiben, mehr Chancen bekommen."

 

Wie finanziert ihr euch?

Durch eine Einlage der Gründerinnen und Fördergelder. Und wir sind auf der Suche nach Investoren, die unser Thema unterstützen. Was ich wirklich bedauere ist, dass es die echten Fördermittel von Bund und Ländern fast ausschließlich in den Topf der technologischen Innovationen fließen. Das ist zwar wichtig. Aber ich würde mir wünschen, dass Start-Up-Projekte, die soziale und gesellschaftliche Aspekte vorantreiben, auch mehr Chancen bekommen.

Du warst Moderedakteurin, jetzt musst du als Gründerin eines digitalen Marktplatzes auch mit Technologiethemen auseinandersetzen. Wie kommst du damit zurecht?

Man lernt nie aus und wenn man sich damit beschäftigt, ist es auch gar nicht so schwierig. Natürlich bekommen wir Support von einem IT-Berater, aber die Standarddinge wie Produktseiten erstellen mit digitaler Contenterstellung generell hatte ich ja schon in meiner Zeit als Moderedakteurin zu tun.

Auf was muss man achten, wenn man künftig mehr Wert auf Nachhaltigkeit beim Klamottenkauf legen will? Welche Tipps hast du?

Es fängt wirklich beim eigenen Einkaufsverhalten an. Beim Kauf von Mode muss man sich immer die Frage stellen: Brauche ich das wirklich? Passt das wirklich zu mir? Hier gilt immer Qualität vor Quantität. Und natürlich auf das Material achten, Mischmaterialien sind beispielsweise schwer zu recyceln. Ganz wichtig: Unterstützt regionale Produkte, das ist ähnlich wie bei Food! Es gibt so viele kleine regionale Labels, die tolle Produkte herstellen. Gerade die kleinen Firmen und handwerklichen Betriebe setzen auf Nachhaltigkeit und das kann man mit dem Kauf derer Produkte unterstützen.

Vielen Dank für das interessante Gespräch, Julia, und ich freue mich auf das Panel in Berlin!

 

Veranstaltungstipp in eigener Sache:

Masterclass auf der K5 Future Retail Konferenz

Nachhaltige Wertschöpfung in der Fashion-Branche

am 4. Juni 2019 um 14 Uhr im Estrel Berlin

 

 

Weiterführende Links

Studie: Nachhaltigkeit in der Mode

Recycling am Limit: Altkleiderbranche erstickt im Textilmüll

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Digitalisierung für die Tonne: Müllvermeidung im Handel

 


SportScheck Filiale München

Zwischenbilanz: Jan Kegelberg über Tops und Flops bei der Transformation von SportScheck

Der stationäre Handel steckt in der Krise und es ist Pioniergeist gefragt, um die Lage wieder in den Griff zu bekommen. Emotionaler und digitaler sollen die Läden werden, eben ein kundenzentrierter Mix aus dem Besten aus On- und Offline-Welt... Aha... Ideen dazu gibt es viele, aber welche funktioniert wirklich? Schließlich geht es auch um Geld! Jan Kegelberg, Chief Digital Officer (CDO) bei SportScheck und seit 2015 aktiver Transformator des Multichannel-Anbieters, kennt die Hypes um Eintagsfliegen und die Ideen, die einen echten Mehrwert bieten. Welche Tops und Flops das bei SportScheck sind, verrät er uns in einer Zwischenbilanz.

Jan, SportScheck ist mit Dir seit 2015 auf dem Weg in die Transformation. Würdest Du sagen, dass Ihr ganz gut vorangekommen seid?

In vielen Bereichen sind wir tatsächlich schon sehr gut aufgestellt. Beispiele sind vor allem im Marketing, wo wir weg vom Katalog hin zum Customer Journey Marketing inklusive Social Media massive Fortschritte gemacht haben. Auch die Erweiterung unseres Online Shops um das Marktplatzgeschäft hat sich sehr positiv entwickelt und wir erleben eine hohe Nachfrage von Partnern im Markt. Mit unserer Sporterlebnis-Plattform Fitfox und unseren Retail Media Services sind wir darüber hinaus auch sehr erfolgreich. Es gibt aber auch Bereiche, in denen wir gerne schon weiter wären. Ein großer Punkt ist hier der Kulturwandel, der einfach Zeit braucht. Auch wären wir gerne beim Thema Personalisierung schon weiter, aber auch hier werden wir in diesem Jahr deutliche Verbesserungen realisieren können.

Du hast bei SportScheck inzwischen viel ausprobiert. Was waren aus Deiner Sicht die Tops, wenn es darum geht, den stationären Handel zukunftsfit zu bekommen?
Jan Kegelberg CDO SportScheck
Jan Kegelberg CDO SportScheck

Ganz wichtig war es, unser CRM journey-basiert aufzusetzen. Wir haben heute keine Kanalsilos mehr, die Läden, Onlineshop, Marketing oder Events kommunikativ trennen. Das hat viel Geld und Kraft gekostet, aber es war essentiell für das Kundenerlebnis. Jeder Verkäufer in unserer Filiale hat heute Zugriff auf die kanal-übergreifende Kundenhistorie. Das ist wirklich ein Mehrwert für den Kunden, und er erwartet das inzwischen auch. Für uns ergibt sich der Vorteil, dass wir unsere Kunden so viel besser betreuen und beraten können.

Gibt es weitere Top-Maßnahmen für Multi-Channel?

Genauso wichtig bewerte ich, dass unser Warenfluss heute ganz flexibel strukturiert ist. Der Kunde kann Produkte online bestellen, im Laden abholen oder im Laden bestellen und zuhause anprobieren und wieder im Laden umtauschen. Alles kein Problem. Für Kunden ist es nicht mehr nachvollziehbar, wenn solche Prozesse nicht angeboten werden. Der Kunde denkt ja nicht in Kanälen, viele Händler tun das aber heute noch.

Das Tablet am POS als Tool für unsere Verkäufer funktioniert ebenfalls sehr gut. Wir haben damit Zugriff auf alle Produktinformationen und -lagerorte. Wenn ein Produkt im Laden nicht mehr in der passenden Größe vorrätig ist, kann der Verkäufer es aus dem Zentrallager oder einem anderen Store ordern. Er kann es aber auch direkt zum Kunden nach Hause schicken lassen. Wir können sogar auf unser gesamtes Online-Marktplatzsortiment aus der Filiale zugreifen und für den stationären Kunden verfügbar machen. Für den Kunden ist es frustrierend, wenn sein gewünschtes Produkt nicht verfügbar ist! Das sind dann die Momente, wo er sich sagt, dass er nächstens Mal lieber gleich online kauft. Bis September dieses Jahres wollen wir in allen unseren Läden zudem einen mobilen Check-out einführen. Dann können Kunden direkt beim Verkaufsberater bezahlen und sparen sich den Gang an die Zentralkasse. In unserem Pilot-Store in Köln wird das sehr gut angenommen und führt zu echter Kundenbegeisterung.

Und die Flops?

Info- oder Verkaufs-Terminals im Laden wollen unsere Kunden nicht. Wenn man sich schon dafür entscheidet, in der Stadt einzukaufen, will man auch die Interaktion mit Menschen – sonst könnte man ja gleich zuhause auf dem Sofa einkaufen. Ich glaube die Menschen, die stationär shoppen, sind in einem anderen „State of Mind“, deshalb funktionieren digitale Self-Services im Laden oft nicht. Da haben wir in der Vergangenheit Lehrgeld gezahlt. Anders ist es bei digitalen Lösungen, die den Verkäufer im Verkaufsprozess unterstützen. Da wollen wir uns weiter verbessern.

Kundenerwartungen sind heute sehr dynamisch. Wie erkennt Ihr, was der Kunde will bzw. was er wertschätzen wird?

Wir fragen den Kunden! Jeden Monat sammeln wir Kundenfeedback sowohl online, aber auch in den Filialen. So erhalten wir relevante Anregungen zur Weiterentwicklung. Bevor wir eine Idee umsetzen, erstellen wir auch oft Prototypen, die wir dann im Use Lab vom Kunden testen lassen. Später überprüfen wir dann anhand von KPIs, ob unsere Veränderungen einen Mehrwert für den Kunden bieten.

Im Rückblick: Was waren/sind aus Deiner Sicht die größten Hürden bei Eurer Digitalisierung?

Der Kulturwandel ist wirklich eine Herausforderung und wurde von uns zu Beginn vielleicht auch etwas unterschätzt. Neue Prozesse aufzusetzen und Abteilungen zusammenzubringen, die früher keine Berührungspunkte miteinander hatten und jetzt gemeinsame Projekte planen und umsetzen müssen, das ist nicht so einfach. Das braucht einfach Zeit. Die gewonnen Daten aus den Kundeninteraktionen entlang der Customer Journey können nur dann erfolgreich genutzt werden, wenn alle zusammenarbeiten und gemeinsam Ideen entwickeln, welche ganzheitlich vom Kunden gedacht sind.

Und wie reagiert der Kunde darauf, wenn Ihr neue Tools oder Services einführt?

Das wird sehr positiv aufgenommen. Wir zwingen auch niemanden in ein Korsett; fast alles, was wir neu anbieten, sind ergänzende Leistungen. Wichtig ist, dass das Kerngeschäft weiterhin für den Kunden funktioniert: Das Produkt muss verfügbar, der Preis attraktiv und die Beratung gut sein. Wenn diese Punkte abgehakt sind, hat man schon viel richtig gemacht! Und unbedingt noch kostenloses WLAN!

Vielen Dank für das interessante Interview!

Weiterführende Links:

Jan Kegelberg am 21. Mai 2019 auf dem ECD in München

Zur Website von SportScheck

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Retail Design: Die Trends der Ladenbauexperten

Kassenloses Bezahlen: Wirklich ein Vorteil für die Kunden?


Unternehmerinnen der Zukunft Dachterrasse

Förderprogramm Unternehmerinnen der Zukunft: Digital durchstarten

 Auftakt für die dritte Runde des Förderprogramms „Unternehmerinnen der Zukunft“ (UdZ): Im Fokus stehen 20 Geschäftsführerinnen und Firmen-Inhaberinnen. Ihr erklärtes Ziel: In den nächsten sechs Monaten ihr digitales Geschäft auf- oder auszubauen. Ausgewählte Coaches – allesamt erfahrene Unternehmensgründer, E-Commerce Experten, Amazon Händler oder Blogger – stehen den Frauen dabei zur Seite. Auf der Kick-Off Veranstaltung Anfang April in Berlin erklären die Initiatoren des Förderprogramms, warum es für die digitale Poleposition Deutschlands mehr Unternehmerinnen braucht.

Mit-Initiatorin Jasmin Arbabian-Vogel, Präsidentin des Verbands Deutscher Unternehmerinnen, gibt den 20 Kandidatinnen in ihrem Impulsvortrag Denkanstöße, an welchen Faktoren sich wirtschaftlicher Erfolg messen lassen müsse.  Dazu berichtet die aus Hannover stammende Unternehmerin von ihren ganz persönlichen Eindrücken der diesjährigen Hannover Messe. Sie zieht einen Vergleich zwischen den Auftaktreden von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Schwedens Premierminister Stefan Löfven.

Jasmin Arbabian-Vogel, Präsidentin des Verbands Deutscher Unternehmerinnen VdU / Foto: Tobias Koch (www.tobiaskoch.net)

Angela Merkel führt den Erfolg der deutschen Wirtschaft auf drei Säulen zurück:

  • Investitionen der Familienunternehmen
  • Unternehmen haben Wachstum im Fokus
  • Prozessoptimierung in Unternehmen und deren Infrastruktur

Stefan Löfven beschreibt in drei Worten, was die schwedische Wirtschaft erfolgreich macht:

  • Sicherheit
  • Vertrauen
  • Zusammenarbeit

Jedes Land stehe in seinen Erfolgen für sich, so Arbabian-Vogel. Das eine agiert effizienzgesteuert, das andere werteorientiert. Sie ist jedoch der festen Überzeugung, dass die Herausforderung in Zukunft allein durch Wachstum und Investitionen nicht mehr zu bewältigen sei. Sie plädiert dafür, dass sich auch in Deutschland etwas verändern müsse, um die technologischen Veränderungen für sich zu nutzen und das rasante Tempo mitzugehen. „Wir wissen, dass sich die Arbeitswelt in den nächsten Jahren durch Technologien extrem verändern wird – wie genau können wir noch gar nicht abschätzen.“ Umso wichtiger sei es, den Aktionshorizont zu erweitern und die soziokulturellen Entwicklungen stärker in den Fokus nehmen, und zwar um Werte. Diversität sei mehr denn je gefragt, um diese Herausforderungen zu bewältigen. „Frauen müssen im Cockpit der Digitalisierung sitzen und die Wirtschaft von morgen mitgestalten“, so ihr Appell an die Kandidatinnen.

Mehr Reise als Wettbewerb

Federführend beim Förderprogramm #UdZ: Veronika Leitermann, Head of Amazon Seller Service/ Foto: Tobias Koch (www.tobiaskoch.net)

„Für die digitale Poleposition in Deutschland braucht es mehr Unternehmerinnen“, erklärt Veronika Leitermann, Head of Seller Services bei Amazon. Sie bestärkt die Teilnehmerinnen, den Spirit und die Aufbruchstimmung aufzunehmen. „Bei Unternehmerinnen der Zukunft kommen viele unterschiedliche Frauen mit spannenden Erfahrungen zusammen und tauschen sich auf Augenhöhe aus.“ Oft verhindere der Perfektionsanspruch von Frauen, über ihre Erfolge zu sprechen. Dass will sie ändern. Sie will den Kandidatinnen insbesondere Motivation und Inspiration bieten, sich persönlich als Vorbilder zu entwickeln und das Netzwerk des Programms dafür zu nutzen.

Das Programm biete die perfekten Rahmenbedingungen dafür. „Durch den Austausch mit den Coaches und Experten können die Unternehmerinnen in sechs Monaten so viel erreichen, wie sonst vielleicht in ein paar Jahren. Mithilfe von Unternehmerinnen der Zukunft wird ihr Weg ins Digitalgeschäft signifikant beschleunigt“, blickt sie voraus.

Proof-of-Concept für Unternehmerinnen der Zukunft

Wie man diese Chance für sich richtig nutzen kann, weiß Ines Spanier, Vorjahresgewinnern des Wettbewerbs. Die Agraringenieurin ist Gründerin des Unternehmen Farmtex, ein Großhandel für Planen und Folien für die Landwirtschaft. 2011 hat sie sich damit selbstständig gemacht - und hat heute sieben Mitarbeiter. Im Rahmen des Förderprogramms hat sie in den letzten zwölf Monaten für ihren Großhandel ein zweites Vertriebsstandbein aufgebaut und parallel dazu eine Eigenmarke entwickelt.

changelog-Autorin Vera Vaubel im Gespräch mit #UdZ2018-Gewinnerin Ines Spanier / Foto: Tobias Koch (www.tobiaskoch.net)

Den diesjährigen Kandidatinnen gibt sie auf den Weg: „Macht erst mal eine Bestandsaufnahme, steckt euch eure Ziele und verfolgt diese konsequent. Es wird nicht immer reibungslos verlaufen. Ihr werdet auch Rückschläge einstecken müssen!“ Fleiß und Durchhaltevermögen seien absolut erforderlich. Das Programm könne man nicht mal so nebenbei machen. Man müsse sich darauf konzentrieren. Wichtigster Impact: „Vertrau vor allem auf dich selbst“, so Spanier.

Das Programm hat ihr geholfen, wirtschaftlich wie auch persönlich einen Riesenschritt nach vorne zu kommen. Für ihr Unternehmen konnte die 52-Jährige lernen, wie man eine Grundstruktur für den Online-Vertrieb schafft. Aber vor allem in ihrer Persönlichkeit sei sie gewachsen: „Ich habe erkannt, dass ich ein Motivatorin für andere sein kann. Das gibt mir ein gutes Gefühl. Und außerdem habe ich gelernt, dass man auch in meinem Alter durchaus in der Lage ist, etwas Zeitgemäßes auf die Beine zu stellen.“

 

Weiterführende Links:

Die Kandidatinnen des Förderprogramms #UdZ2019

Erfolgsgeschichte Ines Spanier in der Mitteldeutschen Zeitung

 

 

 


Die Trends im Ladenbau

Retail Design: Die Trends der Ladenbauexperten

Habt ihr euch schon mal gefragt, welches Einkaufserlebnis würdig genug ist, dass es im Gedächtnis bleibt? Gar nicht so einfach. Und schon gar nicht eindeutig. Aber genau diese Frage treibt gerade den stationären Händler um. Wie lockt man den Kunden ins Geschäft und wenn er drin ist, wie schafft man es, dass er auch wiederkommt? Die Ladenbauexperten von umdasch, atelier 522, Gruschwitz und Blocher Partners zeigen die Trends im Retail Design. Das Urteil unisono: "Mehr Gastgeber, weniger Warenrampe!"

Es gibt gleich mehrere Gretchenfragen, mit denen der stationäre Handel sich gerade herumschlagen muss: Wie schaffe ich es, dass der Kunde meinen Laden überhaupt wahrnimmt? Und: Was muss ich tun, damit er sich im Laden wohlfühlt und wiederkommt? Philipp Beck, CEO von atelier 522 beschwört dazu die Theorie der 1000 Kleinigkeiten: „Es kommt darauf an, aus der Summe vieler Kleinigkeiten ein stimmiges „großes Ganzes“ entstehen zu lassen.“

 

Das Ziel: Maximale Aufenthaltsqualität

Bei dem sehr abstrakten „großen Ganzen“ spielen auch ganz unterbewusst wahrgenommene Faktoren wie etwa die Form des Türgriffs, das Gewicht und Geräusch der Türe eine Rolle. Auch Fragen wie „Kommt der Kunde beim Eintreten in das Ladenlokal aus einer Enge ins Weite? Gibt es Intimität und Größe?“ müssen vom Händler beachtet werden, wenn er beim Ladenbesucher ein angenehmes Erlebnis hervorrufen will. „Händler müssen sich grundsätzlich fragen, ob der Laden eine Atmosphäre schafft, in der es sich lohnt, die eigene wertvolle Zeit zu verbringen,“ bringt es Philipp Beck auf den Punkt. Dabei vergleicht er den Laden gar mit anderen Erlebnisorten wie z.B. dem Theater, Restaurants oder Cafés, mit denen Geschäfte von heute um die Gunst des Besuchers buhlen müssen.

 

Überraschung als Nachfrage-Stimulation

„Das grundsätzliche Konzept des Einkaufens wird sich zwar nicht so gravierend ändern,“ ist Maik Drewitz, Shop Consult Director bei umdasch, überzeugt, „wohl aber die Warenpräsentation am POS und die Einbeziehung des Kunden in diesen“. In Zeiten des Internets müssen Händler ihren Kunden mehr Anreize bieten, um ihn ins Geschäft zu locken und müssen auch mehr tun, damit sie bleiben. Dabei darf der Handel ruhig überraschen. Denn anders als im Internet hat der stationäre Handel die Möglichkeit, den Kunden multisensual zu begeistern. Und darum geht es schließlich: Im Laden einen Mehrwert gegenüber dem Onlineshop zu schaffen. Dazu gehören auch Produkte, die es online nicht ohne weiteres gibt. Inspiration geht im Laden schließlich viel besser, denn was der Kunde nicht kennt, kann er im Internet auch nicht suchen. Dazu passend gibt Philipp Beck zu Bedenken: „Ist es heute nicht so, dass ein überraschendes Angebot erst die Nachfrage erzeugt und die Zeiten, in denen man auf eine Nachfrage reagiert bzw. dieser folgt, vorbei sind?“

 

ROI als Risiko: Zeit für neue KPIs

Die immer mehr am Erlebnis ausgerichteten Ladenlokale brauchen aber auch neue Erfolgskennzahlen. Einen deutlichen und immer wichtiger werdenden Wandel in der Beurteilung von Store-Konzepten sieht Wolfgang Gruschwitz, Geschäftsführer der Gruschwitz GmbH: „Anstelle des ‚Return on Investment’ werden Kenngrößen wie Return on Interest/Involvement oder Integration immer entscheidender“. Schließlich geht es darum, dass der Kunde zurückkommt und sich mit dem Ort/dem Laden verbunden fühlt. Wer dagegen zu sehr den klassischen ROI im Fokus habe riskiert, schnell vergleichbar und damit austauschbar zu werden. „Händler sollten mutiger bei der Umsetzung von innovativen Konzepten sein“, wünscht sich Gruschwitz. Anstatt holistisch die gesamte Customer Journey zu betrachten und das Erlebnis in den Vordergrund zu stellen, seien viele Händlerkonzepte auch heute noch zu sehr auf die Verkaufszahlen ausgerichtet.

 

Faktor Mensch: Der Schlüssel zum nachhaltigen Markenerlebnis

Beim Retail Design der Zukunft geht es um Intuition, Gefühl und Authentizität. Ganz im Sinne des „story telling“ transportieren erfolgreiche Store-Beispiele stets eine klare und unverwechselbare Botschaft. Maik Gruschwitz ist überzeugt: „Dabei spielt der Faktor Mensch als Berater und Testimonial im Laden eine der größten Rollen.“ Denn tatsächlich ist es der Verkäufer oder die Verkäuferin im Laden, die mit dem Kunden interagiert und ganz erheblich zu einem begeisternden Shoppingerlebnis beitragen kann. Hier sieht Maik Gruschwitz viel Potenzial, das in Zukunft strategisch noch besser genutzt werden muss. Jutta Blocher von Blocher Partners sieht dazu auch einen weiteren Trend: „Wir stellen fest, dass stationäre Händler sich zunehmend mit allen Möglichkeiten auseinandersetzen, um Beziehungen zum Kunden aus- und aufzubauen und bewusst mit ihm in den Dialog zu treten“.

 

Technologie gehört dazu

Als Trend im Retail Design sehen die Ladenbauer, dass stationäre Geschäfte zur Werkstatt bzw. zum Experimentierfeld umfunktioniert und Testläden für neue Konzepte üblich werden. Dazu gehört auch der sinnvolle Einsatz von Technologie. Große Videowalls mit Imagevideos, Sportereignissen, Fashionshows oder anderen passenden Bewegtbildern sind längst ein gängiges Bild, um Läden emotional aufzuladen.

Arbeitserleichterung versprechen zudem Techniken wie Digital Signages, Self Checkouts oder die Einbindung mobiler Devices. Auch künstliche Intelligenz wird den Laden der Zukunft innovativer und kreativer machen. Erste mutige Konzepte mit Virtual Reality oder Robotik lassen erahnen, wo die Reise hingehen könnte.

Einig sind sich die Ladenbauexperten darüber, dass der stationäre Handel alles andere als tot ist. Jutta Blocher bringt es auf den Punkt: „Die stationäre Präsenz ist das größte Pfund im Wettbewerb mit dem Online-Handel. Das sieht man auch daran, dass die digitalen Anbieter ebenfalls offline gehen“.

 

Weiterführende Links zu den Ladenbauexperten:

www.atelier522.com

www.blocherpartners.com

www.gruschwitz.de

www.umdasch.com

 

 

 

 


Audio book concept

Wissenswertes auf die Ohren:
Übersicht deutschsprachiger E-Commerce Podcasts

Alle sprechen vom Podcast-Boom. Von der Renaissance des Audio-Formats. On-demand, immer verfügbar, leicht konsumierbar in Alltagssituationen. Im E-Commerce haben sich schon vor Jahren Podcasts etabliert, allen voran der Exchanges und Kassenzone Podcast. Aber auch in der Nische ist viel Musik. Immer mehr Branchenexperten nutzen die Gelegenheit und untermauern ihre Authentizität und Glaubwürdigkeit nun auch mit ihrer eigenen Stimme. Was können E-Commerce Podcasts vermitteln: Wirklich Wissenswertes oder eher Fachsimpelei? Macht euch selbst ein Bild. Wir haben eine Auswahl an hörenswerten E-Commerce Podcasts zusammengestellt, ihr Profil skizziert und für euch eingeordnet. 

Die Newcomer

Videopodcast von disrooptive

https://youtu.be/J1pH5ymT7ys

Gestartet mit der ersten Episode am 22. Januar 2019 erklärt Rupert Bodmeier die Prinzipien der Plattformökonomie und wie man an dieser Entwicklung partizipieren kann. Vielversprechendes "Erklär-Format", denn in der Kürze liegt die Würze.

Women in E-Commerce

In diesem relativ jungen Format stellt Ingrid Lommer inspirierende  Frauen aus der E-Commerce-Szene vor, die den Online-Handel vor und hinter den Kulissen prägen und mit ihrem unternehmerischen Spirit ein Vorbild sind. Gut konsumierbar mit ca. 20 Minuten Hörzeit  und ein Lichtblick in der männerdominierten E-Commerce-Podcast-Welt!

neuhandeln Podcast

Wer macht was im Online-Handel? Welche Themen gewinnen an Relevanz? Und welche Trends sind wirklich nachhaltig und verändern den Markt?  Stephan Randler, Herausgeber neuhandeln.de,  und E-Commerce-Coach Ralph Hesse wollen in ihrem blutjungen Format mit ihrem Handels-Know-how im Hintergrund glänzen und mehr Praxisbezug in den E-Commerce Dschungel bringen.

Die Dinosaurier

Exchanges von Exciting Commerce

Die Branchenanalysten Jochen Krisch und Marcel Weiß sind die Vorreiter des E-Commerce-Podcasts. Die erste Ausgabe von Exchanges veröffentlichten sie am 3. Oktober 2012. Heute versorgen die beiden wöchentlich ihre Hörerschaft mit Unternehmensanalysen, geben Einblicke in Wachstumsfelder, Handelsmärkte von morgen und diskutieren Innovationsthemen.

Kassenzone Podcast

Ende 2013 gestartet, gibt es schon über 200 Folgen der Kassenzone Podcast-Reihe. Alexander Graf diskutiert wöchentlich mit illustren Gästen aus Handel, Industrie und der Start-Up Szene ihre E-Commerce Strategien und Geschäftsmodelle. Der Blogger und Gründer gibt Analysen zu Zalando, Amazon & Co. Es sind Deep-Dives, die Themen werden ausführlich diskutiert – pro Podcast muss man sich etwa eine Stunde Zeit nehmen.

E-Commerce Crossover von digital kompakt

Zwar bespielen Alexander Graf, Joel Kaczmarek und Jochen Krisch die Branche bereits je mit eigenen Podcasts. Das hat das Trio jedoch nicht davon abgehalten, vor etwa einem Jahr noch ein gemeinsames Format ins Leben zu rufen. Im gemeinsamen Podcast werden Geschäftsmodelle analysiert, aktuelle Branchentrends diskutiert und Einordnungen zu zentralen Vorgängen innerhalb der Branche besprochen.

Die Entrepreneure

Cheftreff – Future Retail Podcast

K5-Host Sven Rittau spricht mit Machern und Innovatoren der digitalen Szene. Darin kommen vornehmlich die Protagonisten der jährlichen K5 zu Wort. Es geht um unternehmerische Gestaltungsoptionen im E-Commerce, persönliche Erkenntnisse und Knowhow-Transfer, Wachstumspotenziale sowie Investitions- und Anlagemöglichkeiten.

Commerce Corner

Inspiriert von „The Jason and Scot Show”, einem wöchentlichen Podcast über die E-Commerce-Branche der USA von Jason “Retailgeek” Goldberg und Channel Advisor Gründer Scot Wingo, lässt Dr. Armand Farsi  in seinem Podcast kluge und einflussreiche Unternehmer zu Wort kommen. Im Fokus: Tiefe Tauchgänge zu Schlüsselthemen der digitalen Szene.

Die Hemdsärmeligen

E-Commerce Vision

E-Commerce und Online-Experte Thomas Ottersbach greift praxisnah aktuelle Themen auf, die Online-Händler bewegt.  Nutzwertig mit Tipps und Tricks zu allen Facetten des Business – von Online-Marketing über Tools & Technik bis hin zu rechtlichen Themen.

ShoptechTalks vom ShoptechBlog

Dr. Roman Zenner lädt regelmäßig die CTOs der Branche ein. Er gibt einen Einblick in den „Maschinenraum“ bekannter Marken und Händler und diskutiert, wie sie sich technologisch aufstellen, um für die Anforderungen des Handelsgeschäfts gewappnet zu sein.

Amazon Dorf Talk von digitalkaufmann.de

„Digitalkaufmann“ Nils Seebach produziert Podcasts rund um Gründung, Aufbau, Umstrukturierung und Finanzierung digitaler Geschäftsmodelle. In einem Spezial-Set widmet er sich dem Thema Amazon und gibt im Dialog mit Christian Otto Kelm Tipps und Tricks für Vendoren und Seller zum Thema Marketing und allgemeinem Vertriebsfragen auf dem Marktplatz. Darüber hinaus gibt es ein weiteres Spezial-Set zum Thema Amazon Plattformen.

Die Generalisten

t3n – Das Update für digitale Pioniere

Im t3n Podcast sprechen die Chefredakteure Luca Caracciolo und Stephan Dörner in kompakten Episoden von 30 bis 45 Minuten Länge mit wechselnden Gästen über New-Work, E-Commerce, digitales Marketing, die Startup-Szene und die digitale Transformation in Wirtschaft und Gesellschaft.

OR – etailment-Podcast zum E-Commerce und Retail

Die Gastgeber Rene Hempe und Olaf Kolbrück diskutieren mit Fachleuten aus dem Handel, aus der Industrie und der Agenturwelt über Digital Commerce. Dabei blicken sie auch über den Tellerrand des Handels hinaus und fragen nach, wie sich Digital Business, Management, Job und das eigene Leben in den Zeiten der Digitalisierung wandeln.

Inspiration oder Gelaber?

Insbesondere in einer Fachbranche wie dem E-Commerce polarisieren Podcasts. Die einen empfinden es als Zeitverschwendung, einer Plauderei Gehör zu schenken, bei der sich ohnehin nur diejenigen Experten profilieren, die sowieso schon ständig im Rampenlicht stehen. Andere aber sehen darin eine gute Gelegenheit an Insights zu kommen, zu denen sie sonst nur durch zeit- und kostenintensive Besuche auf Konferenzen oder Seminaren Zugang erhalten hätten. Und was stimmt nun? Möge jede*r für sich abwägen, zu welcher Gruppe er oder sie sich zählt.

Auffällig ist, dass sich bisher fast ausschließlich Blogger und Redakteure, die ihr journalistisches Handwerk verstehen, an die Podcast-Produktion trauen. Lediglich Dr. Armand Farsi von der Digitalagentur Friends of C und Dr. Roman Zenner vom Plattformanbieter commercetools bilden hier die Ausnahme. Die beiden beweisen, dass auch ein Unternehmensumfeld genug Stories und Wissenspotenzial für die Podcastform bietet. Vielleicht eine Inspiration, es einfach mal auszuprobieren?

Anmerkung der Redaktion:  Diese Liste hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aufgrund von Leserfeedback wurde die Liste am 26.2.2019 um den Newcomer-Podcast neuhandeln und dem Amazon Dorf Talk von digitalkaufmann ergänzt.


Kuchentratsch-Gründerin Katharina Mayer

Kuchentratsch-Gründerin Katharina Mayer im Interview:
„Man kann nur im Austausch mit anderen lernen“

Omakuchen für alle als Geschäftsmodell? Katharina Mayer wagt den Schritt und gründet das soziale Start-Up "Kuchentratsch". Das süße Konzept dahinter: Senioren produzieren gemeinsam in einer Münchener Backstube hausgemachte Kuchen, können dabei neue Kontakte knüpfen und als Mini-Jobber ihre Rente aufbessern. Verkauft werden die Kuchen in ausgewählten Cafés und über den Onlineshop. Ein Projekt, bei dem auch die „Die Höhle der Löwen“ Jury zuschlagen muss: Dagmar Wöhrl und Carsten Maschmeyer investieren zusammen 100.000 Euro, die Kuchen-Lady gibt zehn Prozent ihrer Firmenanteile ab. Auf der K5 Female in Retail treffe ich Katharina und spreche mit ihr über ihren unternehmerischen Spirit und ihre Erfahrungen mit ihrem sozialen Start-Up.

Bei deinem Start-Up geht es dir ja vor allem darum, gesellschaftliche Aspekte unternehmerisch zu lösen. Vor welchen Herausforderungen stehen wir dabei in Deutschland?

Der demographische Wandel ist eine riesige Herausforderung! Mittlerweile ist das Thema unter den Stichworten “Altersarmut” und “Alterseinsamkeit” auch auf der politischen und gesellschaftlichen Agenda angekommen. Bisher gibt es eine lose Ansammlung von Ideen, Projekten, Fördergeldern, Ansätze in diesem Bereich. Wir freuen uns Teil von dieser Bewegung zu sein, die Antworten und Ideen zu der Frage “Wie wollen wir alt werden?” liefern.

 

https://www.youtube.com/watch?v=IrqJHPWRjbk

 

Denkst du denn, der demografische Wandel hat das Potenzial, unternehmerisch bzw. privatwirtschaftlich gedacht zu werden?

Ich glaube, das Ganze rein auf die Privatwirtschaft abzuwälzen, ist auch keine Lösung. Soziale Themen müssen auch von der Politik mitgedacht werden. Trotzdem denke ich, dass wir als „Social Start-up“, bei dem die Kombination zwischen wirtschaftlichem Ansatz und sozialem Wirken Erfolg hat, vielleicht so eine Art Experiment für Großunternehmen sein können. Wir sind sozusagen der lebende Beweis: hey, schaut mal, ein soziales Unternehmen kann auch profitabel sein! Vielleicht gerade weil die Kunden soziale Verantwortung und Werte schätzen und deshalb bewusst bei einem solchen Unternehmen wie Kuchentratsch einkaufen.

 

„Mit meinem sozialen Start-Up will ich sichtbar machen, dass man sich nicht nur im Ehrenamt engagieren kann, sondern auch in seinem Arbeitsumfeld Gesellschaft positiv gestalten kann.“

 

Siehst du für dein Start-Up eine kritische Größe, wo es - so wie es jetzt läuft - nicht mehr funktionieren könnte?

Für Kuchentratsch sehe ich sehr viel Potenzial für die Zukunft. Unser Konzept ist auf jeden Fall wachstumsfähig. Umso mehr Oma und Opas wir beschäftigen können, umso mehr erreichen wir unser Ziel. Wie in jedem Unternehmen gibt es gewisse Wachstumshürden zu überwinden. Wir sind positiv gestimmt, dass wir diese meistern werden. Uns freut es in der Praxis zu sehen, dass unsere Idee, gesellschaftliche Herausforderungen mit einem wirtschaftlichen Modell anzugehen, tatsächlich funktioniert und zukunftsfähig ist.

Woher hast du den Mut genommen, dich auf eigene Beine zu stellen und nicht einen klassischen Berufseinstieg bei einem Unternehmen zu wählen?

In meinem Studium habe ich mich stark mit gesellschaftlichen Herausforderungen auseinander gesetzt. Mir war klar, dass ich im Anschluss in einem Bereich arbeiten möchte, in dem ich eine positive Wirkung auf die Gesellschaft haben kann. Ich war schon immer ein Machertyp und konnte mich im klassischen Großkonzern und meist konservativen Stiftungsbereich nicht unbedingt wieder finden. Als ich die Idee zu Kuchentratsch hatte, war mir klar: Das muss ich jetzt einfach ausprobieren.

Wie kamst du auf die Idee dich mit deinem Start-Up bei Höhle der Löwen zu bewerben?

Ich hatte das Gefühl, dass wir mit Kuchentratsch im letzten Jahr am richtigen Punkt standen uns dieser Herausforderung zu stellen. Der deutschlandweite Kuchenversand war bereits gut angelaufen und wir brauchten ein höheres Investment, um diesen noch weiter auszubauen. Zudem war unser Online Shop bisher nur selbst zusammengebastelt, also haben wir das restliche Investment in den Relaunch unserer Website gesteckt.

 Was erwartet einen bei der Sendung und bzw. welche Erwartungshaltung hattest du selbst?

Ich selbst hatte die Erwartung, dass Opa Norbert und Oma Anni unsere Idee super persönlich vorstellen können, hatte jedoch nie im Leben mit einem Investment gerechnet. Umso schöner war es dann, als Dagmar Wöhrl und Carsten Maschmeyer uns einen Deal anboten und wir von allen Löwen außerordentlich tolles Feedback erhalten haben. Grundsätzlich erwartet einen ein wahnsinnig aufregendes und einmaliges Erlebnis: wir durften die “Löwen” vorher tatsächlich nicht sehen und waren dann schon ziemlich aufgeregt, als die Fünf - inklusive den ganzen Kameras - vor uns waren.

Was hast du aus der Zeit während der Dreharbeiten gelernt? Wie hat die Sendung dich verändert?

Es hat mir wieder gezeigt, dass es so ein wunderbares Gefühl ist, wenn man sich traut, mit seiner Idee rauszugehen. Man kann nur gewinnen und sei es, konstruktives Feedback zu bekommen. Die Sendung hat vor allem mein berufliches Leben beeinflusst. Ich habe tolle Anfragen als Speakerin bekommen seit dem Auftritt und darf zum Beispiel als Female Entrepreneurs of the Future - Coach tätig sein. Eine tolle Chance!

Stichwort Zeitmanagement. Wie arbeitest du bzw. wie organisierst du dich? Wie funktioniert das für dich in Zusammenarbeit mit älteren Menschen?

Ich versuche super strukturiert zu arbeiten, da ich tatsächlich sehr wenig Zeit für alles habe. Ich setzte mir für alle meine To-Dos fixe Termine und halte mich dann auch an meinen Kalender. Wo es geht, integriere ich digitale Medien, die mir Aufgaben abnehmen. Unsere Omas sind fast überwiegend per Mail erreichbar und mit Smartphones ausgestattet. Und die wissen auch: wenn sie mal Fragen haben, können sie immer beim Kuchentratsch-Büroteam anklopfen.

 

Soziales Start-Up Kuchentratsch: Oma Eva-Maria, Oma Moni und Oma Irmgard in der Münchner Backstube.

 

Wer sind deine Unterstützer und Mentoren? Kannst du dir eine solche Rolle auch für dich selbst vorstellen?

Mit meinem Team habe ich fantastische Unterstützer, die jeden Tag 150 Prozent geben, um die Idee von Kuchentratsch umzusetzen und weiterzuentwickeln. Bei der internationalen Entrepreneurs Organisation habe ich im Acceleratorprogramm tolle Peer to Peer Kontakte und den einen oder anderen Mentor gefunden. Dieses Umfeld unterstützt mich jeden Tag, mein Bestes zu geben. Als Coach bin ich ab Anfang März auch für das Format “Unternehmerinnen der Zukunft” von Amazon tätig und freue mich, mein Wissen weitergeben zu können.

Muss man als Gründer*in ein bestimmter Typ sein? Welche Charaktereigenschaften sind dafür wichtig? 

Eine gute Portion Selbstbewusstsein schadet auf jeden Fall nicht. Immer wenn man etwas wagt und präsentiert gibt es auch Menschen, die dein Ding oder dich selbst nicht gut finden. Steve Jobs hat mal gesagt: “If you want to make everyone happy, don’t be a leader, sell ice cream!”. Gleichzeitig hilft es, wenn man Geduld mitbringt. Ein Unternehmen startet nicht von heute auf morgen durch, da gibt es viele Höhen und Tiefen zu durchlaufen. Am wichtigsten ist es aber, dass man für seine Idee brennt. Erst dann entfaltet sich die Magie und die Bereitschaft an seine Grenzen zu gehen.

Welche Learnings würdest du weiter geben aus deiner bisherigen Lebensphase als Gründerin?

Machen, machen, machen! Das meiste lernt man in der Praxis und bei dem Sprung ins kalte Wasser. Und es gibt so viele Möglichkeiten, wie man seine Idee erstmal einfach austesten kann. Einfach einen Onlineshop aufsetzen und sagen, dass Produkt ist bald wieder verfügbar - schon sieht man, ob es dafür eine Nachfrage gibt. Immer wenn es möglich ist, seine Idee pitchen. Dabei merkt man, ob sie ankommt, wie man sie noch besser erklären kann und was die kritischen Punkte sind.

 

„Ich verstehe nicht, wie Menschen, aus Angst, ihre Idee würde geklaut werden, damit jahrelang alleine herumlaufen. Meiner Meinung nach kann man nur im Austausch mit anderen lernen.“

 

Hat man als Gründerin überhaupt noch ein Privatleben? Oder Hobbies?

Haha, ja, mein Terminplan ist wirklich eng und ich bin auch viel unterwegs. Das geht aber nur, weil mir meine Freizeit heilig ist – ich reise gerne, mache viel Sport und liebe es, in der Natur abzuschalten. Genau wie meine beruflichen Termine setze ich mir dafür feste Zeiten und versuche, diese so gut es geht einzuhalten.

Welche Ziele setzt du dir für die Zukunft?

Mit Kuchentratsch wollen wir zeigen, dass sich gesellschaftliche Wirkung und Wirtschaft nicht ausschließen. Für mich persönlich freue ich mich, wenn ich noch lange die Möglichkeit habe Kuchentratsch positiv zu gestalten und Neues auszuprobieren. Dieses Jahr liegt der Fokus im Firmenkundengeschäft und im deutschlandweiten Kuchenversand. Wir sind auf der Suche nach einer größeren Backstube in München, um von hier aus unseren Omakuchen per Post noch weiter auszubauen.

Danke für das Gespräch, Katharina!

 

Weiterführende Links:

Kuchentratsch Onlineshop

K5 Female in Retail


Alpecin Banner zum Singles Day in China

Singles Day: Wie die Marke Alpecin China erobert

China ist mit 188 Milliarden Euro Außenhandelsvolumen der wichtigste Handelspartner Deutschlands (Quelle Statista 2017). Verkaufsrekorde am Singles Day in diesem Jahr bestärken deutsche Unternehmen, den Schritt in das Reich der Mitte zu wagen. Wie aber kommen deutsche Produkte zum chinesischen Verbraucher? Die deutsche Haarpflegemarke Alpecin macht es vor und zeigt, wie Logistik, Produktion und On- und Offline-Marketing am Point of Sale optimiert werden, um an den Verkaufsrekorden am spektakulären Singles Day Online zu partizipieren. Ganz nach dem chinesischen Sprichwort von Laotse: „Auch der längste Marsch beginnt mit dem ersten Schritt“.

Als deutsches Unternehmen den Singles Day in China aktiv mitzuerleben und Verkäufe dort in Echtzeit auszusteuern ist ein Erlebnis - und bedeutet 24 Stunden Daueranspannung. Chapeau, wenn man angesichts des Marktvolumens dort nicht die Übersicht verliert. Alpecin, bekanntes Männershampoo gegen Haarausfall und Marke der in Bielefeld ansässigen Dr.Wolff-Gruppe, hat am 11.11.2018 diesen Tag hautnah miterlebt. Dank der Erfahrungen aus dem Vorjahr konnte das deutsche Team gemeinsam mit seinen chinesischen Kollegen vor Ort eine tolle Performance hinlegen und sieht weiter große Wachstumspotenziale im asiatischen Markt.

Der Markt muss zum Produkt passen

In Asien gilt gesundes, volles Haar als Status-Symbol. Asiatische Männer wie Frauen lassen sich Haarpflege-Produkte also durchaus etwas kosten. Der für das Jahr 2018 prognostizierte Umsatz im Bereich Hair Care beträgt in China umgerechnet rund 6 Mrd. Euro und ist seit Jahren stetig am Wachsen. Ein guter Grund für die deutsche Dr. Wolff-Gruppe, den Schritt nach Asien zu wagen. Zudem stehen deutsche Produkte in China hoch im Kurs beim Verbraucher. Auch Alpecin setzt beim Design der Flaschen auf „Made in Germany“ und färbt die Flaschenverschlüsse im Farbmuster der Deutschen Flagge.

30.000 Shampoo-Flaschen in 24 Stunden

2013 startete der Verkauf von Alpecin-Produkten in Asien, seit gut zwei Jahren ist die Marke auch in China vertreten. Um das gigantische Marktvolumen angemessen steuern zu können, entschied sich die Dr.-Wolff-Gruppe, zunächst Strukturen vor Ort aufzubauen. In Shanghai betreut heute ein achtköpfiges Team Vertrieb und Marketing in China – mit starkem Fokus auf verknüpfte Online- und Offline-Marketingaktivitäten. Jede dritte in Bielefeld produzierte Alpecin-Flasche wird heute nach Asien verkauft. Am vergangenen Singles Day erlebte die Marke einen wahren Kaufrausch.

Der 11. November 2018 , weltweit stärkster Verkaufstag nach dem US-amerikanischen Black Friday, lieferte dem Unternehmen einen Verkaufsrekord. Allein im eigenen Online-Flagshipstore setzte die Dr. Wolff-Gruppe 30.000 Produkte binnen 24 Stunden ab, insgesamt wurden rund 60.000 Shampoo-Flaschen verkauft. Aber dieser Ansturm wollte gut vorbereitet sein. Über Wochen hinweg bereitete sich das Unternehmen auf diesen Tag vor, passte Logistik und Produktion in Deutschland darauf an, stellte Verfügbarkeiten sicher und plante die Werbeaktivitäten. Dabei setzte das Alpecin-Team auf eine enge Verzahnung von stationärer und Online-Verfügbarkeit. Neben stationären Drogeriemärkten waren die Produkte vor allem auf Plattformen wir Alibaba, Tmall und JD präsent. In 3000 Premium-Supermärkten wurden zudem bereits Wochen vor dem Event spezielle Aktionspakete angeboten und promoted, die auch auf den Online-Umsatz einzahlten.

Werbemaßnahmen wurden in Echtzeit und kanalspezifisch ausgesteuert, auf  Kundenanfragen musste schnellstmöglich geantwortet werden. Gleichzeitig bestand eine Standleitung nach Deutschland, um die Zwischenstände Tag und Nacht zu berichten. In China sind Shopping-Möglichkeiten in Social Media-Kanälen sehr verbreitet und werden rege genutzt. Alpecin setzte daher am Singles Day auf zahlreiche Social Media Channels. Hier wurden verschiedene Werbemittel ausgetestet und in Echtzeit optimiert, Chat-Verläufe wurden ausgewertet, Reaktionen beobachtet und aus den Erfahrungswerten Learnings für zukünftige Kampagnen gezogen.

Alpecin im Online-Store zum SinglesDay China

Singles Day als Umsatzbooster?

Auch wenn viele Experten Extrem-Shopping-Tagen wie dem Singles Day oder Black Friday kritisch gegenüberstehen und warnen, dass bei hohen Werbeausgaben und Rabatten oft keine Gewinne übrig blieben: Für die Dr. Wolff-Gruppe hat sich die Teilnahme an dem Event nach eigenen Angaben rundherum gelohnt. Vor allem die Erfahrungen aus der Teilnahme schätzt das Unternehmen als sehr wertvoll ein. Allerdings hat sich Alpecin auch bewusst aus den oft desaströsten Rabattschlachten herausgehalten. Nur ganz normale Angebote habe das Alpecin-Team promoted, Rabatte lagen nicht höher als zehn Prozent.

Angetrieben durch die positiven Erfahrungen vom chinesischen Singles Day, plant das Unternehmen nun auch die Teilnahme am Black Friday in den USA. Gerade erst hat die Dr. Wolff-Gruppe ein Office in den USA eröffnet. Eines ist aber klar: Auch dort will man zuerst Erfahrungen sammeln, bevor in große Marketing-Kampagnen investiert wird. Unken-Rufen und Warnungen vor Schnäppchentagen wie Singles Day und Black Friday lassen das Unternehmen jedenfalls kalt: Wer seine Prozesse und Kosten im Griff hat, kann offensichtlich mit gestärkter Brust aus den Shoppingtagen hervorgehen.

Weiterführende Links:

www.alpecin.com

www.drwolffgroup.com

 

 

 


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Black Friday: Ein gefährliches Spiel mit Auswegen

Am 23. November ist es wieder soweit: Es ist Black Friday! Und dann beginnt sie wieder, die Jagd auf die billigsten Preise, krassesten Discounts und verrücktesten Verkaufsrekorde. Mindestens ein Wochenende lang herrscht dann Ausnahmezustand im Handel – sowohl online als auch auf der Fläche. Wehe dem Händler, der da nicht mitzieht und seinen Kunden nicht mindestens 25 Prozent Rabatt auf Alles einräumt. Aber: Können Händler sich das überhaupt leisten? Und gibt es einen Weg, um aus dieser Preisspirale heraus zu kommen?

Schnäppchenwahn als Gewinnkiller

„Inspiriert“ von den USA, hat die heimische Handelsszene erst vor wenigen Jahren den Black Friday als Schnäppchentag eingeführt. Heute liegt Deutschland mit einem geschätzten Umsatz von mehr als einer Milliarde Euro am Black-Friday-Wochenende hinter den USA und Großbritannien weltweit auf dem dritten Platz. Inzwischen ist allerdings klar geworden, dass die „Erfindung eines Schnäppchentages“ so kurz vor Weihnachten ein gefährliches Spiel für den Handel ist. So mancher spricht gar von der Büchse der Pandora, die besser hätte geschlossen bleiben sollen. Denn es ist kein Geheimnis, dass der Black Friday die Erwartungen oft nicht erfüllt – schon gar nicht die des Handels. Im Januar 2018 beispielsweise verkündete der Mutterkonzern von MediaMarkt Saturn, dass der Schnäppchentag im November für deutlich weniger Gewinn im wichtigen Weihnachtsgeschäft sorgte. Die Preisreduzierungen am Black Friday seien einer der Hauptgründe dafür, dass das operative Ergebnis des größten deutschen Elektronikhändlers um mehr als 15 Prozent unter dem Vorjahreswert gelegen habe. Auch aus Konsumentensicht gab es durchaus Anlass für Ärger: Im allgemeinen Kaufwahn entpuppte sich so manches Superschnäppchen im Nachhinein als doch kein so gutes Angebot, weil mancher Händler den Rabatt von den unverbindlichen Preisempfehlungen der Hersteller berechnete, der ohnehin oft deutlich über dem Marktpreis liegt. Oder es wurden Ladenhüter verkauft, die längst abgeschrieben waren. Auch das Shoppingerlebnis selbst wurde oftmals zum Geduldsspiel, weil mancher Server dem Useransturm nicht gewachsen war.

Rekordverkäufe und extreme Retouren

Der Black Friday lebt vor allem von Spontankäufen. Viele Kunden überlegen es sich bei Lieferung aber wieder anders und retournieren das bestellte Produkt. Diese ungeplanten Einkäufe lassen somit zwar die Umsätze schlagartig in die Höhe schnellen, die Retourenquoten allerdings auch – und damit die Kosten pro Bestellung. Die extrem hohen Retouren zum Black Friday sind vor allem für kleine Händler schwer zu stemmen. Nicht nur, dass Rücksendungen die Marge verringern. Wenn Produkte teils wochenlang im Retourenprozess gebunden sind, können sie auch nicht verkauft werden. Laut Clear Returns waren in Großbritannien im Jahr 2015 zwischen dem Black-Friday-Wochenende und Mitte Dezember Waren im Wert von rund 680 Millionen Euro durch Retouren blockiert.

Mehr Wert in Zeiten des Billigen

Sind wir also auf dem Weg zu einer Discountgesellschaft? Wenn Rabattaktionen vom Kunden erwartet werden können, warum sollte er dann noch zum regulären Preis kaufen? Besonders nachhaltig ist es aus Sicht der Händler also nicht, regelmäßig neue Rabattschlachten anzuzetteln. Anstatt also stetig an der Preisschraube zu drehen, könnten Unternehmen einen anderen Weg einschlagen, nämlich den Wert des Produktes erhöhen. Das kann auf vielfache Weise geschehen und muss nicht zwangsläufig zu teuren, wohl aber zu wertvolleren Produkten führen. Eine Maßnahme kann Storytelling sein: Erst in einem begehrenswerten Kontext erhält ein Produkt seinen Wert, etwa weil es in einem besonderen Herstellungsverfahren erstellt wurde, Urlaubserinnerungen weckt oder aus einer besonderen Idee heraus entwickelt wurde. Dann macht es einen Unterschied, ob ein Produkt einem Dorf in Guatemala zugute kommt oder in einer kleinen Manufaktur in Deutschland hergestellt wurden. Menschen, die mit einem Produkt ein bestimmtes Gefühl verbinden, lassen sich weniger stark vom Preis lenken.

Production-on-Demand für weniger Angebot

Insbesondere die Fashionbranche versucht gerade, einen Weg aus der Preisspirale heraus zu finden - indem sie das Angebot verringert. „Production-on-Demand“ ist hier das Zauberwort. Asien möchte darin Vorreiter werden und entwickelt mit Hilfe staatlicher Waren- und Massenproduktionsverfahren, die Verbraucher direkt mit den Fabriken verbinden, um Massenproduktionssysteme auf Abruf zu etablieren. Damit will man die heute oft überbordenden Überproduktionen verhindern. Das grundlegende Problem der Branche ist, dass bei der Produktentwicklung und anschließenden Produktion noch niemand weiß, welche Produkte sich gut verkaufen werden. Um für den schwankenden Verbraucherwunsch gerüstet zu sein, sind Fashionfirmen gezwungen, viel zu produzieren – viele Kollektionsteile und hohe Stückzahlen. Das verschlingt nicht nur hohe Lager- und Produktionskosten, es ist auch klar, dass ein großer Teil der Ware keinen Käufer findet – jedenfalls nicht zum regulären Preis. Um die Marke durch Billigangebote nicht zu gefährden, vernichten manche Hersteller daher lieber ihren Überhang. Um die Produktentwicklungszyklen zu verkürzen experimentieren in Asien aktuell viele Hersteller mit Production on Demand – wenn auch im Moment nur im Bereich „Basics“ in Standardstoffen und –farben. Wie der Konsument auf ein geringeres Angebot und stabilere Preise reagieren wird bleibt abzuwarten – angesichts gewohnt übervoller Fashionläden und unendlicher Online-Sortimente ist das wahrscheinlich noch viel schwerer vorherzusagen.


Aufmacher Sports Business

Gesundheits- und Fitnesskult: Steigbügel für das Sport Business?

Sport verbinden wir mit Emotionen und Leidenschaft. Sport wird aber auch zunehmend digital. Grund genug für Großveranstalter Ispo, einen eigenen „Digitize Summit“ ins Leben zu rufen - oder für das E-Commerce Festival K5, einen Fokus auf das Sport Business zu legen! Denn die Herausforderungen für Brands und Retailer aus der Branche sind groß. Drei Erfolgsbeispiele aus den beiden Veranstaltungen.

Gesundheit ist nicht länger nur eine statische Größe, die unseren körperlichen IST-Zustand beschreibt. Vielmehr verstehen wir unter dem Thema „Health“ eine Lebenseinstellung, die maßgeblich auf unser Wohlbefinden und unsere Lebenserwartung wirkt. Um die Gesundheit hat sich regelrecht ein Kult entwickelt. Sport, Ernährung und Fitness liegen in der Gesellschaft hoch im Kurs.

Laut Zukunftsinstitut treiben heute 38 Prozent der Menschen mehrmals pro Woche Sport – ein generationenübergreifender Trend. Spaß ist für 40 Prozent der aktiven Deutschen eine der Motivationen, um sich körperlich zu betätigen. Durch Sport haben Menschen die Kraft, ihr Leben zu verändern. Ihre Leidenschaft für Sport verbindet sie. Über Social Media, Apps und Plattformen sind sie in der Lage, ihre sportlichen Erfolge und Fortschritte mit der ganzen Welt zu teilen, Freunde partizipieren zu lassen und Bestätigung dafür zu bekommen. Unternehmen aus der Sportbranche müssen darauf eine Antwort haben.

Digitales Selbstverständnis traditioneller Marken

adidas Vorstandsmitglied Roland Auschel auf dem Ispo Digitize Summit in München

Die große Sportmarke adidas zum Beispiel versteht sich als digitales Unternehmen. Die App ist für adidas wichtiger als jeder Turnschuh – so titelte das Handelsblatt zum Launch im März 2018 in Deutschland. Vorstandsmitglied Roland Auschel bestätigte auf dem Ispo Digitize Summit im Juni in München, dass es eine Schlüsselkompetenz sei, am Kurs der Digitalisierung festzuhalten. Dabei sei Kreativität die einzige Antwort. Das bedeutet für eine Marke wie adidas, zu testen und zu lernen, wie man Verbraucher in der digitalen Welt adressiert und involviert. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland sammelte adidas über die App Inhalte und Input von den Zuschauern, eine völlig neue Herangehensweise. Mit Erfolg: Allein im Vorrundenspiel Schweden gegen Deutschland verzeichnete die adidas-App einen Anstieg von 14 Prozent der Downloads, so Auschel auf dem Summit.

Florian Gschwandtner, Gründer und CEO Runtastic auf der K5 in Berlin

Technologie als Schlüssel zum Aufbau von Communities? Ein Ansatz, den adidas schon 2015 mit der Übernahme der Mehrheitsbeteiligung von Runtastic, internationales Mobile-Health- und Fitness-Unternehmen, verfolgte. Florian Geschwandtner, Mitgründer und CEO von Runtastic, präsentiert sich auf der K5 in Berlin in hervorragender Verfassung – das Unternehmen hat sich in den letzten Jahren unter dem Dach von adidas prächtig entwickelt. Immer noch eigenständig, aber mit Rückenwind durch die starke Marke.

Technologieplattform als Rückgrat

Runtastic hat Technologie in seiner DNA. So bildet Runtastic die technische Plattform für die weltweite adidas Kampagne „Run for the Oceans“, eine globale Laufbewegung, um das Bewusstsein für die Verschmutzung der Weltmeere durch Plastikmüll zu schärfen. Für jeden gelaufenen Kilometer spendet adidas einen US-Dollar. Mitmachen kann jeder bei den weltweit organisierten Lauftreffs oder einzeln über die Runtastic-App. So schafft man Communities und bildet eine emotionale  Verbindung zwischen Marke und Verbraucher. Das Bindeglied ist die technologische Plattform von Runtastic. Ein Erfolgsrezept, das auch in anderen Branchen Anwendung findet. Die Allianz Versicherung startete im März 2018 in Kooperation mit Runtastic eine Fitness-Plattform. Im Fokus steht die Begeisterung von Menschen für einen aktiven Lebensstil.

 

Best Practice im Sport Handel

Moritz Keller, Co-Founder Keller Sports auf der K5

Ein gesunder Körper und ein gesunder Geist sind die Basis für ein erfülltes Leben, das ist auch die Grundeinstellung, die Unternehmer Moritz Keller verfolgt. Auf der K5 beginnt er vor 3000 Zuhörern eine Geschichte, die zuvor noch nie erzählt wurde. Nämlich wie er den Grundstein zum Online-Pure-Player keller-sports.de in 2005 gemeinsam mit seinem Bruder legte. Die beiden folgten einem Trend – kauften Micky Mouse T-Shirts von H&M auf, die damals en vogue waren, ließen diese mit coolen Sprüchen bedrucken und vertickten diese im Internet – zum sechsfachen Preis. Damit war damals der Meilenstein gelegt, dass der Verkauf im Internet funktionieren kann. Heute ist Keller Sports einer der erfolgreichsten Händler.

Die Keller-Brüder hatten schon damals einen Riecher für Trends und haben mit ihrem Angebot auf kellersports.de den Nerv der Zeit getroffen. Seit 2015 haben sie eine kostenpflichtige Mitgliedschaft etabliert, bei der ihre Kunden limitierte Sortimente und Sonderrabatte bekommen. Mit im Angebot die Keller-Studios, die den Mitgliedern flexibles Trainieren ermöglicht. Nach drei Jahren zählt Keller-Sports 50.000 zahlende Mitglieder. Eine Kunden- und Datenbasis, von der manch anderer Händler nur träumen kann. Und Keller Sports investiert weiter in Kundenbindung. Im April startete der Sporthändler das Prämienprogramm Keller Smiles. Dabei handelt es sich um kein klassisches Bonussystem nach Konsum, sondern Kunden werden für ihre sportlichen Aktivitäten belohnt. Ein Anreizsystem, das die Community in einer ganz besonderen Art und Weise an den Händler bindet – nämlich mit Emotionen und Leidenschaft.

 

Weiterführende Links

Ispo Digitize Summit, das Format für die digitale Zukunft der Sportbranche

K5, Future Retail Konferenz