Nicht nur das Arbeiten an sich verändert sich im Zuge der Digitalisierung, auch das Arbeitsumfeld. Wie dies aussehen könnte, habe ich mir in München im neu eröffneten Steelcase Learning and Innovation Center mal genau angesehen – und war begeistert! Auch Coworking Spaces boomen. Dort finden vor allem kleine Unternehmen und Freelancer einen Ort der Inspiration – und ich einen triftigen Grund, einen Selbstversuch zu starten.
Zeitgemäßes Arbeitsumfeld
Laptop und Homeoffice. Für mich bedeutete dies lange Zeit das höchste Maß an Flexibilität im Arbeitsumfeld. Doch es gibt eine Wiedergeburt des Großraum- bzw. Gemeinschaftsbüros, die aber ganz anders aussieht, als wir es bisher kennen. Man stelle sich vor, man käme morgens ins Büro und hat keinen festen Arbeitsplatz. Das ist die Ausgangssituation, wenn man als Mitarbeiter in das Learning und Innovation Center von Büromöbelausstatter Steelcase in München kommt. „Die Herausforderung ist, dass man seinen ganzen Arbeitstag komplett anders strukturieren muss“, erklärt Christiane Winckler, Account Manager EMEA bei Steelcase in der Briennerstrasse. Welche to do’s stehen heute an und wie lassen sich diese am effizientesten erledigen? Welche Räumlichkeiten brauche ich dazu und welche Teams muss ich mir dafür zusammenstellen? Diese Fragen stellen sich jeden Tag neu.
Die Welt der Arbeit ist heute einem hohen Wettbewerbsdruck ausgesetzt: Der digitale Wandel und disruptive Innovationen erschüttern vermeintlich etablierte Geschäftsmodelle und verschärfen den Wettbewerb zusehends. Wettbewerbsfähigkeit hängt mehr denn je von Innovationskraft ab. Dieses Potenzial will Steelcase ausschöpfen, indem das Unternehmen zeitgemäße Arbeitsbedingungen schafft. „Effiziente und agile Arbeitsumgebungen tragen dazu bei, Menschen zu inspirieren, Innovation anzuregen und damit den Unternehmenserfolg zu steigern“, ist Christiane Winckler überzeugt. Wertschöpfung spiele dabei eine zentrale Rolle.
Durchdachte Raumarchitektur
Die Tour durch das fünfstöckige Gebäude bringt einen wirklich zum Staunen. Abgesehen von den hochwertigen Büromöbeln aus dem Steelcase-Sortiment, die alle per se funktional durchdacht und auf jedes einzelne Arbeitsumfeld optimiert sind, ist das gestalterische Konzept des Gebäudes wirklich beeindruckend. Es geht schon beim Empfang los, der keine klassische Theke aufweist – wie man sie aus nahezu allen Unternehmen kennt – sondern komplett offen gestaltet ist.
An der Geschäftsführung kommt man als Mitarbeiter und als Kunde nicht vorbei, denn die ist nicht abgeschottet im fünften Stock über den Dächern Münchens eingenistet – sondern als erste Anlaufstelle gleich am Aufgang in den ersten Stock in einem offenen Raumkonzept integriert. Leadership Community nennt man das bei Steelcase. Und das Treppenhaus selbst dient als zentraler Dreh- und Angelpunkt des gesamten Gebäudes. Offen gestaltet treffen sich hier die Mitarbeiter zum konspirativen Austausch. Es gibt Zonen für kreative Zusammenarbeit und Rückzugsorte für konzentrierte Einzelarbeit, insgesamt über drei Stockwerke verteilt. Das WorkCafé und ein gemütlicher Innenhof runden das Konzept ab. Der fünfte Stock ist abgeschottet und gleichzeitig der repräsentativste Ort. Hier finden Kundenworkshops statt, denn seien wir ehrlich, „New Work“ muss sich am Ende des Tages auch auszahlen: Auf den Mehrwert, den man für die Kunden dadurch schafft.
Das Beispiel Steelcase zeigt ein Umdenken, wie man den kulturellen Wandel mit Mitarbeitern und einem agilen Arbeitsumfeld vollziehen kann. „Unser Konzept ist natürlich nicht eins zu eins auf andere Unternehmen übertragbar“, weiß Christiane Winckler, die durch langjährige und internationale Berufserfahrung bei großen Konzernen schon viel gesehen hat. Aber immer mehr Unternehmen kommen auf Steelcase zu und wollen nicht mehr nur eine Büroausstattung, sondern binden neue Arbeitskonzepte in ihre Unternehmensstrategie mit ein.
Coworking schafft nachweislich Inspiration
Das Ergebnis: Es entsteht ein ganz neuer Typus an Arbeitsorten, wo Austausch und Inspiration unter den Kollegen stattfindet. Das hat auch Einfluss auf seine Gestaltung. Die Entwicklung geht immer mehr hin zu einer Umgebung, die sich flexibel darauf anpasst, was gerade im Arbeitsprozess sinnvoll ist. Den Anfang dieser Entwicklung machten die Coworking Spaces, die aktuell aller Orten wie Pilze aus dem Boden sprießen. Im Jahr 2020 soll es laut einer Prognose des Instituts Emergent Research weltweit über 77 Prozent mehr Coworking Spaces geben als es noch im Jahr 2017 der Fall war.
Eine aktuelle Studie des Fraunhofer-Instituts untersucht, inwieweit Coworking die Innovationsfähigkeit von Unternehmen wirksam unterstützen kann. Im Ergebnis zeigt sich, dass es zwar keine Coworking-Universallösung gibt, die meisten der befragten Unternehmen aber große Chancen sehen, durch Corporate Coworking strategische Wettbewerbsvorteile zu verwirklichen. „Corporate Coworking ist prinzipiell in sehr unterschiedlichen organisatorischen und räumlichen Varianten vorstellbar. So können beispielsweise Arbeitsplätze in Coworking Spaces angemietet werden oder aber ein Unternehmen versucht, seinen eigenen Coworking Space zu entwickeln. Ebenfalls denkbar ist die zugegebenermaßen gewagte Vorstellung, dass Coworking projektweise an Urlaubsorten stattfindet“, erläutert Klaus-Peter Stiefel, Projektleiter Office 21 Coworking Studien beim Fraunhofer Institut.
Und weil ich an neuen Ideen und Denkweisen per se schon immer interessiert bin, erkläre mich nun selbst zur Testperson: Nach zehn Jahren Home-Office, das mir in der letzten Dekade wirklich ein optimales Arbeitsumfeld bot,- insbesondere unter dem Aspekt der Vereinbarung von Familie und Beruf – werde ich ab Sommer 2018 in den neuen Coworking Space WeWork am Oskar-von-Miller Ring in München einziehen. Flexibel und agil habe ich eigentlich schon immer gearbeitet, aber ich freue mich auf mehr Inspiration als in den eigenen vier Wänden.